China

Barbara Lange

Es geht los

15.03.2024

Jede Geschichte beginnt mit einem „Ja“. So steht es in München am Flughafen in großen Buchstaben. Da könnte man natürlich jetzt drüber streiten. In meinem Fall stimmt es: Ich habe im Oktober 2023 mit „Ja“ geantwortet auf die Frage, ob ich im Frühlung drei Monate nach China kommen könnte, um Patchwork zu unterrichten.

Und jetzt sitze ich hier am Flughafen, habe meine Koffer gepackt, habe im Job alles soweit organisiert, dass ich ein Vierteljahr fehlen kann, habe meine privaten Verpflichtungen für das kommende Quartal entweder verschoben oder vorab erledigt, und überlege, ob es die richtige Entscheidung war. Ich bin im Vorfeld oft gefragt worden, ob ich nicht Angst hätte, alleine so eine Reise anzutreten. Ja, habe ich ein stückweit. Ob ich nicht meine Familie vermissen würde. Ja, werde ich. Ob es nicht im Vorfeld sehr viel Arbeit sein würde, Unterricht für drei Monate vorzubereiten. Ja, ist es. Und trotzdem habe ich „Ja“ gesagt. Wann bekomme ich jemals wieder so eine Gelegenheit? Nie – also los! Und trotzdem sitze ich hier am Flughafen und grübel. Versuche mir einzureden, dass es ja nicht ist wie früher, wo man dann am anderen Ende der Welt endgültig festgenagelt war. Wenn irgendetwas zu Hause passieren sollte, kann ich jederzeit in China die Zelte abbrechen und bin innerhalb von zwei Tagen spätestens wieder zu Hause. Aber eigentlich will ich jetzt nicht daran denken. Wir gehen einfach davon aus, dass alles klappen wird und diese Reise eins der größten Abenteuer in meinem Leben werden wird.

Es ging in München allerdings schon gut los. Als ich meine Koffer an dem Selbstbedienungsautomaten einchecken wollte, habe ich versehentlich auf das Feld getippt, das besagt, dass ich gefährliche Güter im Koffer dabei hätte. Stellt sich heraus dass das weder die Lufthansa noch die Chinesen sonderlich lustig finden. Also ab zum Serviceschalter. Ich habe dem netten Herrn erklärt, dass ich mich vertippt habe und der kleinliche Automat mich seitdem doof findet. Offensichtlich traut man mir so viel Dummheit auf dem ersten Blick zu. Er hat mich mit einem dicken Grinsen anstandslos durchgewunken.

Mit dabei ist übrigens das Bergschaf Trulla. Trulla war ein Abschiedsgeschenk von einem lieben Menschen und hängt an meiner Tasche rum. Trulla guckt in etwa so intelligent wie ich offensichtlich aussehe. Wir beiden geben ein tolles Team.

In Frankfurt sitze ich neben einem chinesischen Herren am Gate und bin ganz stolz, dass ich verstehe, dass er zweimal zu seiner Freundin sagt: „我是“. Also „ich bin“. Was er allerdings ist, verstehe ich nicht. Ich muss dringend mehr Vokabeln lernen. „我是“ wird mir als einziger Satz auf Dauer dann doch zu philosophisch.

Immerhin kann ich direkt nach der Landung in China meiner Ansprechpartnerin Sammi eine Nachricht schicken „我刚到北京“ – „ich bin gerade in Beijing angekommen“. Trulla und ich haben vielleicht doch Potential.